Die Zeitschrift Foreign Policy veröffentlichte soeben die bisher genaueste westliche Analyse Indiens
ANDREW KORYBKO
10. DEZEMBER
Es ist selten, dass man auf etwas stößt, das die Unterschiede zwischen der indischen und der US-amerikanischen Herangehensweise an Russland in aller Gelassenheit anerkennt und gleichzeitig die unabhängige Handlungsfähigkeit der indischen Führung respektiert und würdigt, was sie im Hinblick auf das große Ganze zu erreichen versucht.
Derek Grossman, ein leitender Verteidigungsanalyst der Rand Corporation, hat gerade die bisher genaueste westliche Analyse Indiens veröffentlicht. Unter dem Titel „India’s Maddening Russia Policy Isn’t as Bad as Washington Thinks“ (Indiens verrückte Russland-Politik ist nicht so schlimm, wie Washington denkt), der zwar kostenpflichtig ist, aber hier kostenlos in voller Länge gelesen werden kann, erklärte er gegenüber Foreign Policy, dass die bisher vorherrschende Interpretation der Annäherung des südasiatischen Staates an Moskau in Wirklichkeit viel logischer ist, als es unter seinen Kollegen auf den ersten Blick den Anschein hat.
Sie entbehrt keineswegs jeder Logik, sondern beruht auf einem ultra-realistischen Verständnis der internationalen Beziehungen, das stets die Vorstellung der indischen Führung von ihren objektiven nationalen Interessen in den Vordergrund stellt. Vor diesem Hintergrund sind Behauptungen, wie sie derzeit im Westen populär sind, dass Indien die liberale internationale Ordnung aufgegeben habe, weil es sich weigerte, Russland zu verurteilen oder zu sanktionieren, voreilig und verkennen die Art und Weise, in der Indien diese Ordnung auf seine eigene Weise aufrechterhält.
Für Grossman ist die Bemerkung von Premierminister Modi, dass „die heutige Zeit keine Ära des Krieges“ sei, ein Hinweis auf Indiens Wunsch, eben diese Ordnung zu verteidigen, so wie auch das Beharren des Außenministers Jaishankar auf einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts in ähnlicher Weise interpretiert werden kann. Die Mitgliedschaft in der Quad sowie die Ausbildung von Beamten des Globalen Südens in den Bereichen Diplomatie, Wahlen, Menschenrechte, Medien und Militär werden als Beweise für seine Feststellung angeführt. (…)
Links finden sich im origialen engl. Text s. Anhang