Präsident Putins komplette Rede an die Nation im Wortlaut | Anti-Spiegel

Präsident Putins komplette Rede an die Nation im Wortlaut | Anti-Spiegel
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Rainer MAUSFELD: „Wir leben in einer Zeit der Gegenaufklärung“ – Interview mit Paul SCHREYER, TP 02.10.2018

Liebe Leute,

in einem Interview mit Paul SCHREYER skizziert Rainer MAUSFELD wesentliche Inhalte seines eben erschienenen Buchs: Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören, (Westend-Verlag, 304 S. 24 Euro).

Grüße,
Martin Zeis

– A u s z u g –

02.10.2018 — http://www.heise.de/tp/features/Wir-leben-in-einer-Zeit-der-Gegenaufklaerung-4178715.html?view=print

„Wir leben in einer Zeit der Gegenaufklärung“

02. Oktober 2018 Paul Schreyer

Der Psychologe Rainer Mausfeld über die Illusion des Informiertseins, eine „Verachtung des Volkes“ und Journalisten und Intellektuelle, „die sich wie Eisenspäne in den Kraftfeldern der Macht ausrichten“

Herr Mausfeld, Sie sind vor allem bekannt für Ihre Vorträge [1], in denen es um die ver-deckte Rolle von Machteliten in unserer Gesellschaft geht. Dafür werden Sie von vielen Seiten angegriffen. Der ehemalige ARD-Journalist Hans Jessen wirft [2] Ihnen im Podcast von Tilo Jung ein „geschlossenes Weltbild“ vor, der Amerikanistik-Professor Michael Butter entdeckt in Ihrer Arbeit „verschwörungstheoretische Züge“ – was umgehend in den Wikipe-dia-Artikel zu Ihrer Person eingearbeitet [3] wurde. Überrascht Sie die Vehemenz solcher Kritik?

Rainer Mausfeld: Wir müssen natürlich Kritik und Diffamierung unterscheiden. Kritik zielt auf die Sache, Diffamierung auf die Person. Kritik beruht auf Argumenten, Diffamierung arbeitet mit einem Diffamierungsvokabular. Worum geht es mir in meinen politischen Beiträgen in der Sache? In meinen Vorträgen geht es mir weniger um Vermittlungen konkreter Inhalte und Positionen. Denn hier gibt es wie stets bei der Betrachtung komplexer Systeme einen großen Spielraum für unterschiedliche Perspektiven; ich lege jedoch in meinen Beiträgen stets offen, dass meine Perspektive durch die radikaldemokratische Tradition der Aufklärung geprägt ist.

Mir geht es in meinen Vorträgen vor allem um die Vermittlung einer Denkmethodologie, also gleichsam um das Handwerk des Denkens, mit der wir unsere alltäglichen politischen Erfahrungen wieder in einen Sinnzusammenhang einordnen können. Denn nur so können wir wieder ein Stück Autonomie gewinnen und angemessene Handlungskonsequenzen aus unseren Erfahrungen ziehen.

Was meinen Sie mit „Handwerk des Denkens“?

Rainer Mausfeld: Zum Handwerkszeug des Denkens gehören auch die in der Aufklärung verfeinerten Methoden, durch die sich unbewusste und oftmals tief verborgene politische Vorurteile aufdecken lassen. Somit gehört auch die Ideologiekritik zur Denkmethodologie. Politische Indoktrination zielt ja gerade darauf, in uns die Art von Vorurteilen zu erzeugen, die dazu beitragen, den Status der Machtausübenden zu stabilisieren. Da also Ideologiekritik stets Machtkritik ist, kann man nicht erwarten, dass dies bei den jeweils Mächtigen auf Begeisterung stößt.

Nun ist, wie der große Demokratietheoretiker Sheldon Wolin treffend feststellte, in unseren kapitalistischen Demokratien jede Form von Dissens erlaubt oder als Revolutionsprophylaxe sogar erwünscht, solange der Dissens politisch unwirksam bleibt. Zur Eingrenzung, Neutralisierung und Ächtung von unerwünschtem Dissens gibt es ein großes Spektrum an erprobten Möglichkeiten eines Dissensmanagements.

Methoden und Funktionsweisen eines Dissensmanagements können wir besser verstehen, wenn wir statt auf Personen auf seine strukturellen Eigenschaften fokussieren. Zu diesen gut untersuchten und seit langem bekannten strukturellen Eigenschaften gehört es, dass in allen Machtstrukturen besonders Journalisten, Intellektuelle und Wissenschaftler, die in gesellschaftsrelevanten Bereichen arbeiten, eine Tendenz aufweisen, sich wie Eisenspäne in den Kraftfeldern der Macht auszurichten.

Folglich finden sich in allen Machtstrukturen gerade unter Personen, die über besondere Möglichkeiten verfügen, sich in eine öffentliche Debatte einzubringen, bereitwillige Vertreter, die gleichsam als Bannwarte der Macht agieren und in vorauseilendem Opportunismus alles, was sie für einen unzulässigen Dissens halten, mit Diffamierungsbegriffen belegen.

Da sie auf diese Weise den in Politik und Medien Mächtigen bezeugen, dass sie die herrschende Ideologie tief internalisiert haben, werden sie dafür vor allem im journalistischen und akademischen Bereich oft mit entsprechenden Karrierechancen belohnt. Diese Mechanismen eines Dissensmanagements in kapitalistischen Demokratien sind seit langem wohlbekannt.

Das heißt, Vorwürfe wie „geschlossenes Weltbild“ oder „Verschwörungstheorie“ kommen für Sie nicht gerade unerwartet?

Rainer Mausfeld: Da meine Vorträge darauf zielen, Denkmethoden aufzuzeigen, mit denen sich die Diskrepanz zwischen Ideologie und Realität besser sichtbar machen lässt, und da die Machtausübenden gerade darauf angewiesen sind, politischen Dissens in Bahnen zu halten, die für sie risikofrei sind, überrascht es mich nicht, zum Ziel von Diffamierungsbemühungen zu werden.

Da sich ihre Urheber in den von Ihnen genannten Fällen nicht einmal die Mühe machen, etwas anzuführen, das sie als Argumente oder Belege ansehen, haben diese Anwürfe mit mir und den Inhalten, die ich zu vermitteln suche, nichts zu tun. Das ist eigentlich für jeden, der sich ernsthaft mit meinen Beiträgen beschäftigt, klar erkennbar. Wer nun dennoch meint, eine ernsthafte Auseinandersetzung durch ein paar hingeworfene Schmähwörter ersetzen zu können, wird mit einer solchen intellektuellen Selbstauskunft leben müssen.

Sprache als Herrschaftsinstrument

Damit sind wir schon mitten im Thema – die Rolle der Sprache. Sie sagen: „Wer die Sprache beherrscht, also die Begrifflichkeiten und Kategorien, in denen wir über gesellschaftlich-politische Phänomene nachdenken und sprechen, hat wenig Mühe, auch uns zu beherrschen.“ Da fallen einem schnell beliebte Vokabeln wie „Populismus“ oder eben „Verschwörungstheorie“ ein – Worte, die das Denken beschränken und mit denen bestimmte Ansichten für indiskutabel erklärt werden. Was zur Frage führt: Kann eine Gesellschaft, die ihr eigenes Denken zunehmend beschränkt, überhaupt noch kluge Entscheidungen treffen?

Rainer Mausfeld: Politischer Kampf bedeutet stets Kampf um Definitionsmacht und um die Aneignung von Wörtern. Daher ist Sprache in der Tat neben Panzern das wichtigste Herrschaftsinstrument. Da Demokratien die Möglichkeiten eines Einsatzes physischer Gewalt begrenzen, sind die Machtausübenden darauf angewiesen, die Stabilität von Machtverhältnissen auf anderen Wegen zu sichern. Über die Sprache lässt sich dies besonders wirkungsvoll bewerkstelligen. Beispielsweise über eine orwellsche [5] Neubestimmung sehr grundlegender Begriffe wie Freiheit und Demokratie oder auch durch das riesige Vokabular von neoliberalen Falschwörtern wie Liberalisierung, Globalisierung, Deregulierung oder Reform.

Über die Sprache lassen sich auch ganze ideologische Denk- und Erklärungsrahmen vermitteln, die wir dann meist unbewusst zur Einbettung unserer täglichen politischen Erfahrungen verwenden. Etwa die Rahmenerzählung einer „westlichen Wertegemeinschaft“ – ein für ihre Millionen Opfer besonders folgenschweres Beispiel. Diese ideologischen Rahmenerzählungen werden durch ein breites Spektrum an politischem Kampfvokabular gegen Einwände abgesichert. Gegenwärtig haben dabei vor allem die Begriffe Populismus und Verschwörungstheorie Hochkonjunktur, mit denen sich der neoliberale „Fanatismus der Mitte“ – übrigens ein Begriff, den der bedeutende Verfassungsrechtler Helmut Ridder schon 1979 verwendete – als alternativlos zu deklarieren sucht.

Wie schätzen Sie die heutige Verwendung des Begriffes „Populismus“ denn ein?

Rainer Mausfeld: Man muss sich nur die Wahlplakate der jeweiligen Regierungsparteien der vergangenen, sagen wir, 40 Jahre ansehen, um den Beitrag zu erkennen, der hier zur Komplexitätsvermittlung geleistet wurde. Die heute mit dem Populismusvorwurf belegten politischen Erscheinungsformen kann man wohl als eine Art Nemesis – also sozusagen als ausgleichende Gerechtigkeit – für die grundlegende Verachtung des Volkes verstehen, die kennzeichnend für alle Eliten westlicher Demokratien ist.

Diese Verachtung des Volkes entlädt sich nun mit populistischer Wucht und Unberechenbarkeit, oft auf der Basis von Affekten, die zu den dunklen Seiten der menschlichen Natur gehören. Bei diesen Affekten handelt es sich oft um Abwehraffekte gegen die eigenen Gefühle politischer Ohnmacht, die sich nun vor allem gegen die sozial Schwächsten entladen. Diese Gefühle politischer Ohnmacht, das sollten wir nicht vergessen, wurden und werden seit Jahrzehnten in sehr systematischer Weise erzeugt, um das Volk von einer politischen Partizipation fernzuhalten.

Können Sie das erläutern?

Rainer Mausfeld: Die neoliberale Phantom-Mitte betreibt seit Jahrzehnten ein Umverteilungsprojekt, das gegen die Mehrheit der Bevölkerung gerichtet ist. Dieses neoliberale Projekt ist nur möglich, wenn zuvor die in langen Jahrzehnten mühsam gewonnene demokratische Substanz abgebaut oder zumindest neutralisiert wird. Die Entmachtung der Legislative, also des Parlaments, durch die Exekutive ist nur ein, wenn auch ein besonders folgenschwerer Aspekt. Eine so massiv gegen die Interessen der Mehrzahl der Bevölkerung gerichtete Politik kann der Bevölkerung auf die Dauer trotz massiver Indoktrinationsbemühungen nicht verborgen bleiben.

Es ist also wenig überraschend, dass immer mehr Menschen die Brüche zwischen Ideologie und Realität erkennen. Entsprechend erhöhen sich in der Bevölkerung das Misstrauen in die politischen Institutionen, das Empörungspotential und damit das Veränderungsbedürfnis. Die neoliberale Phantom-Mitte benötigt daher zur Sicherung ihrer Macht den von ihr wesentlich mithervorgebrachten Rechtspopulismus. Ja, sie ist mittlerweile geradezu symbiotisch auf ihn angewiesen, weil sie ihn als Mittel zur Angsterzeugung benötigt, um mit dieser Drohkulisse das wachsende Veränderungsbedürfnis der Bevölkerung in „alternativlosen“ Bahnen zu halten. So geben sich also de facto die Täter als Retter aus.

Und wie sieht es mit den allgegenwärtigen „Verschwörungstheorien“ aus?

(…)

Volltext über obige URL und als pdf-Datei im Anhang (14 S.).
MAUSFELD-Wir-leben-in-Zeit-der-Gegenaufklärung181002

28. Pleisweiler Gespräch mit Professor MAUSFELD – 22. Oktober 2017

Am 03.11.2017 veröffentlicht

 
Wie sich die „verwirrte Herde“ auf Kurs halten lässt – Rainer Mausfelds Vortrag zu den Pleisweiler Gesprächen als Video Der Vortrag ist mit gut zwei Stunden recht lang geraten. Aber er war spannend und Rainer Mausfeld präsentierte viel Material, viele Anregungen, viele Daten, viele Zitate, viele Hinweise auf Literatur – der Vortrag enthält ein Bündel von nützlichen Informationen. Sie können dann, wenn Sie sich für eine der vielen benutzten Abbildungen und Folien besonders interessieren das Video anhalten, nachlesen und notieren. Was mir beim Noch-mal-anschauen besonders auffiel: Rainer Mausfeld und mit ihm viele NachDenkSeiten-Leserinnen und -Leser leben in einer anderen Welt als die Mehrheit der in unserem Land dominierenden Personen in Politik und Medienwelt. Wer das Geschehen kritisch betrachtet, ist weit weg von jenen, die in unserer Gesellschaft das Sagen haben. Sie unterscheiden sich vor allem im Blick auf das, was bei uns Demokratie genannt und als solche tagaus tagein gerühmt wird. Da gießt Rainer Mausfeld kübelweise Wasser in den üblichen politischen Bildungswein. Er beschreibt und belegt, wie alt und wie geplant die neoliberal geprägte Zerstörung demokratischen Zusammenlebens ist. Der historische Abriss ist ganz und gar nicht langweilig.
Am Schluss kommt die große Frage: Was tun? Selbst aktiv werden. Das vollständige Thema des Vortrags lautete: Wie sich die „verwirrte Herde“ auf Kurs halten lässt: Neue Wege der „Stabilitätssicherung“ im autoritären Neoliberalismus Nachzutragen bleibt noch eine Bitte an Sie. Unterstützen Sie uns, falls Sie sich das finanziell leisten können, bei der Finanzierung der entstandenen Kosten für Veranstaltung und Videoaufnahmen. Nutzen Sie bitte dazu das Konto des Fördervereins der NachDenkSeiten: http://www.nachdenkseiten.de/?page_id…
Die im Votrag verwendeten Folien lassen sich als PDF öffnen:

Die Masken fallen. Hintergründe des Machtwechsels in Paris – drei Texte zu MACRONS Unterstützern

Globalcrisis/globalchange NEWS

Stephan Best

14.05.2017

Hallo an die Listen.

Während die französischen Parlamentswahlen näher rücken, nimmt auch eine kritischere Sichtweise der Bewegung En Marche zu, die Emmanuel MACRON zum Präsidentensessel verholfen haben. Trotz weitgehend eingehaltenem Schweigegebot für die Medien die knapp vor den Wahlen aufgetauchten Leaks nicht zu veröffentlichen scheint das öffentliche Interesse an einer Berichterstattung über die Unterstützerkreise des Kandidaten wieder zuzunehmen. Die folgenden drei Artikel (a. b. c.) beschäftigen sich mit dem von deutschen Medien meist bejubelten und gerne mit seinen EU-Visionen begründeten kometenhaften Aufstieg.

(Der letzte Text wurde bereits über unsere englischen Listen verteilt.)

+++++++++

a) Frankreich

Die Masken fallen

Macron-Leaks enthüllen: Machtwechsel in Paris von langer Hand geplant

er künftige französische Präsident Emmanuel Macron (r) und der schei

Der künftige französische Präsident Emmanuel Macron (r) und der scheidende Amtsinhaber Francois Hollande (M) begrüßen am 08.05.2017 in Paris den Chef des französischen Generalstabs, Pierre de Villiers. (Foto: dpa)

Deutsche Wirtschafts Nachrichten | 14. Mai 2017, 0:52 Uhr

dwn-machtwechsel-geplant-20170514

b) Von der Stiftung Saint-Simon zu Emmanuel Macron

von Thierry Meyssan

Das plötzliche Erscheinen von „En Marche“ (Übersetzt: Vorwärts!) einer neuen politischen Partei auf der französischen Wahlbühne und die Kandidatur ihres Präsidenten, Emmanuel Macron ist keinem Zufall geschuldet. Es ist nicht der erste Versuch der Anhänger einer aus französischer Regierungskaste und den USA bestehenden Allianz.

Voltaire Netzwerk | Damaskus (Syrien) | 28. April 2017

http://www.voltairenet.org/article196126.html

c) Pepe ESCOBAR: Emmanuel Clinton and the revolt of the elites; Asia Times 08.05.2017

Dear all,

below an analysis by Pepe ESCOBAR about Macron’s movement „En Marche!“ – set up for him by a network of powerful players and think tanks.

Below an excerpt – full text attached.

Martin Zeis
globalcrisis/change News

Emmanuel Clinton and the revolt of the elites

By Pepe Escobar May 8, 2017 9:31 PM (UTC+8)

So in the end the West was saved by the election of Emmanuel Macron as President of France: relief in Brussels, a buoyant eurozone, rallies in Asian markets.

That was always a no-brainer. After all, Macron was endorsed by the EU, Goddess of the Market, and Barack Obama. And he was fully backed by the French ruling class.

This was a referendum on the EU – and the EU, in its current set up, won.

(…)

An Orwellian shock of the new

Contrary to global perceptions, the biggest issue in this election was not immigration, it was actually deep resentment toward the French deep state (police, justice, administration) – perceived as oppressive, corrupt and even violent.

Even before the vote, the always sharp and delightfully provocative philosopher Michel Onfray, author of Decadence, the best book of the year and founder of the Popular University of Caen, identified some of the main players behind the Macron bandwagon: the “bellicose” philosopher Bernard-Henri Levy; Le Monde’s Pierre Bergé; Jacques Attali – who almost single-handedly turned the Soclalists into hardcore neoliberals; eminence grise Alain Minc; former MSF head Bernard Kouchner; and former May 1968 stalwart Daniel Cohn-Bendit – “In other words, the feral promoters of a liberal policy that allowed Marine Le Pen to hit her highest score ever.”

All of the above are faithful servants of the French deep state. I have outlined in Asia Times how the Macron hologram was manufactured. But to see how the deep state managed to sell him, it’s essential to refer to philosopher Jean-Claude Michea, a disciple of George Orwell and Christopher Lasch, and author of the recently published Notre Ennemi, Le Capital.

http://www.atimes.com/article/emmanuel-clinton-revolt-elites

Ciao Stephan Best

KenFM-Spotlight: Ausschnitt aus dem Gespräch mit Prof. Rainer Mausfeld

Veröffentlicht am 03.03.2017
KenFM-Spotlight: Ausschnitt aus dem Gespräch mit Prof. Rainer Mausfeld – in voller Länge hier zu sehen: https://kenfm.de/rainer-mausfeld/

Wenn es einer sehr kleinen und übersichtlichen Gruppe von Menschen gelingt, die Massen global und über Jahrzehnte für die eigenen Ziele arbeiten zu lassen, kann das nur dann erfolgreich bewerkstelligt werden, wenn diese Eliten die Techniken der Gehirnwäsche auf allen Ebenen konsequent zur Anwendung bringen. Schon der Umstand, dass Völker sich für Krieg begeistern lassen, zeigt die Macht dieser Technik.

Seit dem römischen Prinzip „Teile und Herrsche“ haben sich die Werkzeuge der Gehirnwäsche extrem verfeinert. Ein großer Teil der sogenannten Sozialforschung wurde im Auftrag der Eliten finanziert, um den Menschen als Wesen, das nur im Kollektiv überleben kann, im Anschluss in seine Bestandteile zerlegen zu können, ihn gefügig zu machen.

Der Grad der Manipulation ist viel größer, als die meisten von uns auch nur ahnen. Aber gerade darin liegt die Macht dieser Elitentechnik. Massenmedien sind dabei eines der wichtigsten Werkzeuge, um die Realität zu verschleiern und unsichtbar zu machen. Wer darauf aufmerksam macht, wird vom System gnadenlos attackiert, lächerlich gemacht und ausgegrenzt. Das finale Ziel ist immer die Vernichtung derer, die die Tarnung der Eliten auffliegen lassen.

Der Soziologe Prof. Rainer Mausfeld hat sich intensiv mit den Techniken der Verschleierung und des Gefügigmachens auseinandergesetzt. Seine auch im Netz veröffentlichen Vorträge, u. a. mit dem Titel „Warum schweigen die Lämmer“, wurden zu Blockbustern in Netz.

KenFM sprach mit Rainer Mausfeld über den Status Quo einer auf den neoliberalen Kurs eingeschworenen Gesellschaft, die sich in gegenseitigen Lagerkämpfen an die Gurgel geht, während die Geldeliten weiter die Strippen ziehen. Die Manipulation ist extrem perfide, denn sie beleidigt den Menschen an sich, der nicht wahrhaben will, dass er wie Vieh zur Schlachtbank geführt werden kann und wird, indem man ihn mit den pervertierten Techniken der Demokratie davon abhält zu sehen, in welcher Situation er sich tatsächlich befindet.

Die Zeit des Erwachens steht unmittelbar bevor. Sie wird nicht ohne Schmerzen zu haben sein. Die Medienrevolution ist wie eine Geburt. Wir müssen da durch, um ein autarkes Leben wirklich beginnen zu können.

+++

Inhaltsverzeichnis in Stichworten:

ab 00:03:24 Die Natur des Neoliberalismus

ab 00:11:40 Das Verschwinden des Elitenspektrums

ab 00:14:20 Vom Selbstbild des Menschen

ab 00:19:26 Demokratie als Herrschaftsinstrument der Eliten

ab 00:30:50 Die Atomisierung des Selbst: seine Zerlegung in ein Bündel von
Kompetenzen https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=30m50s
ab 00:41:01 Lügenpresse, Querfront, Antiamerikanismus – die Pervertierung
von Begriffen https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=41m1s
ab 00:50:04 Die Asymmetrie in der Deutsch-Amerikanischen Beziehung

ab 00:56:12 Feudalismus oder: als der Gegner noch sichtbar war

ab 01:02:21 Folgenloses Aufaddieren von Empörungsfällen, um
Widerstandspotential zu schwächen https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=1h2m21s
ab 01:03:43 Das Menschenbild des Neoliberalismus und seine Nähe zum
Behaviorismus https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=1h3m43s
ab 01:14:49 Wahlen im Kontext einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung

ab 01:16:36 Von Orwell und Huxley: „Wir amüsieren uns zu Tode“

ab 01:19:17 Bargeldabschaffung und die Aufrechterhaltung unsers
Mikrokosmos https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=1h19m17s
ab 01:35:53 Fehlinterpretationen der Aufklärung: Selbstbild-Rhetorik

ab 01:41:36 Wie der Neoliberalismus unsere „dunkle“ Seite nährt und die
„helle“ verleugnet https://youtu.be/OwRNpeWj5Cs?t=1h41m36s

 

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KenFM im Gespräch mit: Hermann Ploppa (Die Macher hinter den Kulissen)

Veröffentlicht am 28.07.2015

Wir leben in einem System, das sich „Der Westen“ nennt und vorgibt, demokratisch organisiert zu sein. Eine Gesellschaft, die den Anschein erweckt, durch das Volk regiert zu werden. Die Realität sieht jedoch völlig anders aus. In Wirklichkeit ist das, was man uns als Demokratie verkauft, ein gigantisches Täuschungsmanöver, um einer sehr kleinen Geldelite die Möglichkeit zu geben, global ihren Willen durchzusetzen.

Damit das möglichst ohne großen Widerstand geschieht, werden alle Entscheidungsträger in allen Bereichen der Gesellschaft über entsprechende Think-Tanks, Stiftungen oder Kaderschmieden auf Linie gebracht. Nur wer hier besteht, wird in eine Führungsposition durchgereicht. Diese subtile Gehirnwäsche durch das System selbst ist derart geschickt gemacht, dass selbst diejenigen, die in den bekanntesten Think-Tanks mitmischen, permanent bestreiten, dass es einen solchen Einfluss gibt.

Fakt ist: Wer den Eliten auch nur ansatzweise die Macht streitig macht, wird zeitnah aussortiert. Sollte er es dennoch zu gesellschaftlichem Einfluss bringen, sieht er sich einer durch die Bank embeddeten Pressemaschine gegenüber, die ihn wann immer es nötig ist, diffamiert, jobbt und ins völlige gesellschaftliche wie finanzielle Abseits bugsiert. Isolation als Strafe für nicht geleistete Unterwürfigkeit. Das größte Tabu-Thema in dieser gelenkten Demokratie ist das Hinterfragen der tatsächlichen Machtstrukturen.

Hermann Ploppa erläutert in seinem Buch „Die Macher hinter den Kulissen“ die einzelnen Think-Tanks und Kaderschmieden en detail und legt offen, was die Elite am liebsten weiterhin verschleiern würde. Dass Ploppas Buch nicht in systemkonformen Medien besprochen wird, liegt auf der Hand. Bei KenFM kommt der Autor ausführlich zu Wort.

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Interview von J. WERNICKE mit M. HARTMANN über „Die globale Wirtschaftselite“, NDS, 25.11.2016

globalcrisis/globalchange NEWS

Martin Zeis, 25.11.2016

Hallo zusammen,

Jens Wernicke hat heute auf NDS ein – gerade für die konzern-/kapitalismuskritischen sozialen Bewegungen – interessantes Interview mit dem Soziologen Michael Hartmann* zum Thema „Die globale Elite“ veröffentlichen lassen (vgl. www.nachdenkseiten.de/?p=35985 und pdf-Datei im Anhang).

Die zentrale, empirisch sehr gut belegte These Hartmanns ist, dass es nicht d i e globale Wirtschaftselite gibt, ebenso nicht d i e eine globale Kapitalistenklasse. Vielmehr rekrutiere sich der zu dieser sozialen Schicht zugehörige Personenkreis jeweils aus nationalen Systemen, bleibe überwiegend dort basiert (rechtlich, Wohnsitz, Zentralen + Steuerungsknoten der Konzerne …) und die Handlungsspielräume auf nationaler Ebene seien wesentlich höher als die seit 30 Jahren von interessierter Seite gestreute Behauptung von der Über-/Allmacht einer globalen (einheitlichen, organisierten) Wirtschaftselite suggeriere.

„… Die Eliten existieren natürlich, aber eben auf nationaler Ebene. Was den Angriff auf die Sozialsysteme oder die steuerliche Begünstigung von Großkonzernen und Reichen angeht, waren und sind sich die Eliten aus den westeuropäischen Ländern und Nordamerika auch weitgehend einig. Die Ursache dafür liegt aber nicht in Absprachen untereinander und in einem koordinierten Vorgehen. Sie ist vielmehr in erster Linie in den veränderten politischen Kräfteverhältnissen in den einzelnen Ländern zu suchen. (…)

Der Sieg des neoliberalen Denkens ist zwar von interessierten Kreisen vorbereitet worden, er verdankt seinen Erfolg aber dem Niedergang all jener Kräfte, die für die dominierende Rolle des Keynesianismus in den meisten westlichen Staaten nach 1945 gesorgt haben. Nach dem 2. Weltkrieg waren die herrschenden Klas-sen in diesen Ländern diskreditiert, die Gewerkschaften und die klassischen sozialdemokratischen, sozialistischen und kommunistischen Parteien in West-europa waren dagegen außergewöhnlich stark und die Existenz des Ostblocks zwang die Herrschenden zu Zugeständnissen. All das hat sich seit den 1980er Jahren Stück für Stück geändert.“
(…)

Was bedeuten die Ergebnisse Ihrer Analyse für linke Bewegungen und Parteien?

Sie zeigen, dass die Handlungsspielräume auf nationaler Ebene viel größer sind, als es das jahrelange Gerede von der Übermacht der globalen Wirtschaftselite und der daraus resultierenden Alternativlosigkeit der herrschenden Politik vermuten lässt.

Das gilt besonders für das Problem der Besteuerung von Großkonzernen und Reichen. So wohnen von über 300 US-Bürgern unter den 1.000 reichsten Menschen der Welt nur drei im Ausland. Von den 67 Deutschen sind es dagegen 19. Der wesentliche Grund dafür ist ganz einfach: Die USA besteuern alle US-Bürger nach den US-Steuersätzen, egal, wo diese leben. Wenn sie andernorts weniger Steuern zahlen, müssen sie den Differenzbetrag eben an die USA abliefern. Geben sie die Staatsbürgerschaft ab, fällt eine sogenannte Exit-Tax von gut 20 Prozent auf das gesamte Vermögen an. So etwas könnte auch die Bundesrepublik machen. Dann würde die Anzahl der in der Schweiz residierenden deutschen Milliardäre und Multimillionäre mit Sicherheit drastisch sinken.

Bei den Unternehmen ist es komplizierter. Sie können natürlich Investitionen in ein anderes Land verlagern. Bei den Zentralen der Unternehmen ist das aber sehr viel schwieriger. Es hat schon einen Grund, dass die Verlagerung von Firmensitzen so gut wie immer nur juristisch erfolgt, nicht aber tatsächlich.

So sind alle britischen und US-Konzerne, die wie Allergan oder Seagate ihren offiziellen Sitz in Irland haben, mit ihren Hauptquartieren nicht wirklich dorthin gezogen. Sie sind in Großbritannien und den USA geblieben. Der wesentliche Grund dafür ist, dass sie in regionale oder nationale Netzwerke eingebunden sind, die sie nicht einfach ohne große Einbußen an Qualität und Leistungsfähigkeit aufgeben können.

Und Apple spart zwar Steuern über seine Niederlassung in Irland, das Headquarter mit allen entscheidenden Abteilungen ist aber im Silicon Valley. Das Angebot an hochqualifizierten Arbeitskräften dort, die Kontakte zu Stanford und Berkeley, die informellen Netzwerke etc. lassen sich eben nicht nach Irland transferieren.

Ähnliches gilt auch für deutsche Autokonzerne und den deutschen Maschinenbau. Für Unternehmen, die wie die russischen oder chinesischen enger an den Staat beziehungsweise an die Märkte bzw. Rohstoffe in einem Land gebunden sind, trifft das noch stärker zu.“

* Michael Hartmann, Jahrgang 1952, war von 1999-2014 Professor für Soziologie an der TU Darmstadt. Arbeitsschwerpunkte: Eliten-, Management- und Hochschulforschung im intern-ationalen Vergleich. Im Jahr 2002 erhielt er den Thyssen-Preis für den besten sozialwissen-schaftlichen Aufsatz des Jahres, 2010 den Thyssen-Preis für den zweitbesten sozialwissen-schaftlichen Aufsatz des Jahres und 2008 den Preis der Deutschen Gesellschaft für Sozio-logie für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der öffentlichen Wirksamkeit der Sozio-logie. Wichtige Buchveröffentlichungen: Der Mythos von den Leistungseliten (2002); Elite-soziologie (2004); Eliten und Macht in Europa (2007); Soziale Ungleichheit – Kein Thema für die Eliten? (2013); Die globale Wirtschaftselite (2016).

Michael Hartmann
Die globale Wirtschaftselite – eine Legende
Broschiertes Buch
September 2016
Campus Verlag
24,95 Euro

Leseprobe: http://www.buecher.de/shop/globalisierung/die-globale-wirtschaftselite/hartmann-michael/products_products/detail/prod_id/45001821

HARTMANN-die-globale-Elite_NDS-Interview161125.pdf

KRYSMANSKI-Nachrufe von Rilling und Zurawski + ein weiterer Krys-Text

Anlässlich des für viele überraschenden und von wenigen zur Kenntnis genommenen Todes von Hans Jürgen Krysmanski stieß Martin Zeis auf einige Texte, die den Forschungsansatz und das Andenken an diesen Forscher sehr gut kennzeichnen.
Stephan Best
++++

Eröffnungsreferat zur Tagung ‚Neue Formen der Überwachung’, Universität Hamburg, 8./9.9.2005 H.J. Krysmanski
… und wer überwacht die Herrschenden?

Ohne vom Thema dieser Tagung ablenken zu wollen, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die amerikanische Forschungstradition des Power Structure Research lenken. Power Structure Research spielt in der deutschen Soziologie eine Randrolle – trotz eines gewissen Interesses für einen der Gründer dieser Forschungsrichtung, C. Wright Mills (1916-1962). PSR hat aber ganz zentral mit den theoretischen und praktischen Problemen kontrollierender sozialer Beobachtung zu tun. PSR lenkt den Blick auf den großen Bruder, auf ‚die da oben’, auf die Herrschenden, letztlich auf den Souverän, welcher über die kontrollierenden Beobachtungspraktiken eines Gemeinwesens verfügt oder verfügen sollte.

Mit anderen Worten, PSR beschäftigt sich mit Herrschaftshandeln im Sinne der berühmten Frage: what does the ruling class do when it rules? Für die Bearbeitung dieser Frage eignet sich der Begriff der Machtelite besser als der Begriff der herrschenden Klasse. Und hier beginnen die Schwierigkeiten, die Carl Schmitt so ausgedrückt hat: „Elite sind diejenigen, deren Soziologie niemand zu schreiben wagt.“
Soziologen haben zwar die Risikogesellschaft erfunden und mögen folglich risikobereit sein. Doch wagemutig sind die wenigsten. Zu diesen wenigen gehören die Vertreter des PSR.

(…)

KRYSMANSKI-wer-überwacht-die-Herrschenden050909.pdf
KRYS-Nachrufe -Rilling-Zurawski160701ff.pdf

Moritz Nestor fwd – Diskussionsbeitrag von Thierry MEYSSAN zu BREXIT und Geopolitik, 29.06.2016 01:13:37

globalcrisis/globalchange NEWS

Von: „Moritz Nestor“ <moritz.nestor@gmx.ch>
Datum: 29.06.2016 01:13:37 MESZ

Der Brexit ist keine Morgenluft der „Rechtspopulisten“, sondern eine Antwort auf den Niedergang der Vereinigten Staaten.

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http://www.voltairenet.org/article192536.html
27 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer
Der Brexit teilt die Geopolitik neu auf
von Thierry Meyssan
Während die internationale Presse nach Mitteln sucht, dem europäischen Konstrukt – noch immer ohne Russland und demnächst auch ohne das Vereinigte Königreich – neuen Schwung zu geben, schätzt Thierry Meyssan, dass nichts mehr den Zusammenbruch des Systems verhindern kann. Er betont jedoch, dass es nicht um die Europäische Union als solche geht, sondern um die Gesamtheit der Institutionen, die die Herrschaft der Vereinigten Staaten in der Welt ermöglichen und letztlich um die Unversehrtheit der Vereinigten Staaten selbst.
Bild: Königin Elisabeth, Befürworterin des Brexit, wird ihr Land neu auf den Yuan hin ausrichten können.

Es scheint so, als verstehe niemand die Folgen der britischen Entscheidung, die Europäische Union zu verlassen. Die Kommentatoren haben seit langem das Verständnis für das verloren, was auf dem Spiel steht. Sie haben sich auf Einzelheiten einer absurden Kampagne konzentriert: einerseits die Gegner einer unkontrollierten Einwanderung und andererseits die «Knecht Ruprechte», die dem Vereinigten Königreich mit den schlimmsten Qualen drohen.
Was mit dieser Entscheidung auf dem Spiel steht, hat jedoch nur wenig Bezug zu diesen Themen. Diese Diskrepanz zwischen der Realität und dem politisch-medialen Diskurs illustriert die Krankheit, an der die westlichen Eliten leiden: ihre Inkompetenz.
Während der Schleier vor unseren Augen zerreisst, verstehen unsere Eliten nicht mehr von der Situation als damals die kommunistische Partei der Sowjetunion, als sie unfähig war, die Folgen des Falls der Mauer im November 1989 zu antizipieren: Es kam zur Auflösung der UdSSR im Dezember 1991, dann folgte der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) und sechs Monate später war der Warschauer Pakt Geschichte. Danach kamen auch noch die Versuche, Russland selbst zu zerlegen, das beinahe Tschetschenien als Teil des Staatsgebietes verloren hätte.
In naher Zukunft könnten wir Zeugen einer ähnlichen Auflösung werden, zuerst der Europäischen Union und dann der Nato und, wenn sie nicht aufpassen, auch der Auflösung der Vereinigten Staaten.

Welche Interessen stehen hinter dem BREXIT

Im Gegensatz zu den Prahlereien Nigel Farages, stand die UKIP nicht am Beginn des Referendums, das sie gerade gewonnen hatte. Diese Entscheidung wurde David Cameron von Mitgliedern der konservativen Partei aufgezwungen.
Für diese muss die Politik Londons eine pragmatische Anpassung an die Entwicklungen in der Welt sein. Diese «Krämernation», wie sie Napoleon nannte, merkt, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr die stärkste Weltwirtschaft darstellen, auch nicht mehr die stärkste militärische Macht. Es gibt also [aus der Sicht englischer Eliten] keinen Grund mehr für eine privilegierte Partnerschaft.
Genauso wie Margaret Thatcher nicht zögerte, die britische Industrie zu zerstören, um ihr Land in ein internationales Finanzzentrum zu verwandeln, genauso haben diese Konservativen nicht gezögert, den Weg zur Unabhängigkeit für Schottland und Nordirland frei zu machen und damit für den Verlust des Erdöls aus der Nordsee, um die City zum ersten Off-Shore-Finanzzentrum des Yuan zu machen.
Die Kampagne für den Brexit wurde breit von der City und dem Buckingham Palast unterstützt. Sie haben die Boulevard-Presse mobilisiert, um zur Unabhängigkeit aufzurufen.
Im Gegensatz zu dem, was die europäische Presse erklärt, wird das Verlassen der EU durch die Briten nicht langsam vor sich gehen, da die EU schneller zusammenbrechen kann, als sie Zeit benötigt für die bürokratischen Verhandlungen eines Austritts. Die Staaten des Comecon brauchten nicht über ihren Austritt zu verhandeln, weil der Comecon in dem Moment aufhörte zu funktionieren, als die zentrifugale Bewegung in Gang gesetzt wurde. Die Mitgliedsstaaten der EU, die sich an ihre Äste festkrallen und darauf bestehen, die Reste der EU zu retten, werden ihre Anpassung an die neuen Gegebenheiten verpassen mit dem Risiko, die gleichen schmerzhaften Konvulsionen zu erleiden, wie sie das neue Russland in den ersten Jahren erlebt hat: schwindelerregender Abfall des Lebenshaltungsniveaus und der Lebenserwartung.
Für die Hunderttausenden von europäischen Funktionären, Abgeordneten und Mitarbeitern, die unweigerlich ihren Arbeitsplatz verlieren werden, und für die nationalen Eliten, die ebenfalls abhängig sind von diesem System, ist es dringend notwendig, die Institutionen zu reformieren, damit sie gerettet werden können. Sie vermuten alle zu Unrecht, der Brexit werde eine Bresche öffnen, die die Euroskeptiker nutzen könnten. Der Brexit ist jedoch nur eine Antwort auf den Niedergang der Vereinigten Staaten.
Das Pentagon, das augenblicklich den Natogipfel in Warschau vorbereitet, hat auch noch nicht verstanden, dass es nicht mehr in der Position ist, seinen Alliierten eine Erweiterung ihres Verteidigungsbudgets aufzuzwingen, damit sie seine militärischen Abenteuer unterstützen. Die Herrschaft Washingtons über den Rest der Welt ist beendet.
Wir treten in ein anderes Zeitalter.

Was wird sich ändern?

Der Niedergang des Ostblocks bedeutete zunächst einmal den Tod einer Weltanschauung. Die Sowjets und ihre Verbündeten wollten eine solidarische Gesellschaft aufbauen, in der möglichst viele Dinge allen gehören sollten. Bekommen haben sie eine Bürokratie von titanischem Ausmass und nekrotische Führer.
Die Berliner Mauer wurde nicht von Antikommunisten eingerissen, sondern von einer Koalition von kommunistischer Jugend und lutherischen Kirchen. Sie wollten das kommunistische Ideal neu verwirklichen ohne die sowjetische Vormundschaft, ohne politische Polizei und ohne Bürokratie. Sie sind von ihren Eliten verraten worden, die, nachdem sie die Interessen der Sowjets bedient hatten, sich nach 1989 mit der gleichen Inbrunst in den Dienst der Vereinigten Staaten gestellt haben.
Die engagiertesten Wähler des Brexit wollen zunächst ihre nationale Souveränität wiederfinden und die west-europäischen Führer ihre Arroganz bezahlen lassen, die sie gezeigt haben, als sie den Lissabon-Vertrag aufgezwungen haben, nachdem die europäische Verfassung (2004-2007) durch mehrere Volksabstimmungen abgelehnt worden war. Auch sie könnten enttäuscht werden von dem, was nun folgen wird.
Der Brexit markiert das Ende der ideologischen Herrschaft durch die Vereinigten Staaten, der Ausverkauf-Demokratie mit ihren «vier Freiheiten». Präsident Roosevelt hatte sie in seiner Rede an die Nation 1941 so definiert: Freiheit der Rede und der Meinungsäußerung (1), Freiheit eines jeden, Gott zu ehren, wie er es für richtig hält (2), die Freiheit von Not (3) und die Freiheit von Furcht (vor einer fremden Aggression) (4). Wenn die Engländer sich auf ihre Traditionen besinnen, so werden die Kontinentaleuropäer die Fragestellungen der französischen und russischen Revolution über die Legitimität der Macht wiederfinden und ihre Institutionen umstürzen mit dem Risiko, den deutsch-französischen Konflikt wieder aufleben zu sehen.
Der Brexit bedeutet auch das Ende der militärisch-ökonomischen Herrschaft der USA; Nato und EU sind nur die zwei Seiten ein und derselben Medaille, auch wenn der Aufbau einer gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik länger gedauert hat als der des Freihandels. Als ich kürzlich eine Arbeit über die Politik gegenüber Syrien verfasste, habe ich alle internen Dokumente der EU, öffentlich zugängliche oder auch nicht publizierte, analysiert und bin zu dem Schluss gekommen, dass sie verfasst worden waren ohne jede Kenntnis der Realität, sondern lediglich auf der Basis von Niederschriften des deutschen Aussenministeriums, welches wiederum die Instruktionen des amerikanischen State Departement reproduziert hatte. Vor einigen Jahren hatte ich die gleiche Untersuchung für einen anderen Staat zur Aufgabe und war zum gleichen Schluss gekommen (ausser, dass es sich in diesem Fall nicht um die deutsche, sondern um die französische Regierung handelte).

Erste Resultate in der EU selber

Im Moment lehnen die französischen Gewerkschaften den Gesetzentwurf über das Arbeitsrecht ab, der von der Regierung Valls auf der Basis eines Berichtes der europäischen Union verfasst wurde, und dieser war wiederum angeregt von den Vorgaben des amerikanischen State Departements. Wenn es die Mobilisierung durch die CGT den Franzosen auch erlaubt hat, die Rolle der EU in dieser Angelegenheit zu erkennen, so haben sie doch immer noch nicht den Zusammenhang von EU und USA begriffen. Sie haben verstanden, dass, wenn man die Normen umdreht, indem man die Verträge der einzelnen Unternehmen über die Verträge der ganzen Branche stellt, die Regierung in der Tat die Vorherrschaft des Gesetzes über den einzelnen Vertrag in Frage stellte, aber sie sehen nicht die Strategie des Joseph Korbel und seiner beiden Kinder, seiner leiblichen Tochter, der Demokratin Madeleine Albright, und seiner republikanischen Adoptivtochter Condolezza Rice. Professor Korbel versicherte, dass es für die Weltherrschaft reichen würde, wenn Washington eine Neudefinition der internationalen Beziehungen in den angelsächsischen juristischen Termini aufzwingen würde. In der Tat ist es so, indem es den Vertrag über das Gesetz stellt, privilegiert das angelsächsische Recht auf lange Sicht die Reichen und Mächtigen im Vergleich zu den Armen und Elenden.
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Franzosen, die Holländer, die Dänen und auch noch andere versuchen werden, sich von der EU zu lösen. Sie werden sich dazu ihrer herrschenden Klasse entgegen stellen müssen. Wenn die Dauer dieses Kampfes auch unvorhersehbar ist, so ist sein Ausgang doch ohne Zweifel. Wie es auch sein mag in dieser sich ankündigen Zeit des Umsturzes, die französischen Arbeiter werden schwer zu manipulieren sein im Unterschied zu ihresgleichen in England, die heute noch unorganisiert sind.

Erste Konsequenzen für das Vereinigte Königreich

Der Premierminister David Cameron hat die Sommerferien ins Feld geführt, um seine Demission zum Oktober hin zu verschieben. Sein Nachfolger, im Prinzip müsste das Boris Johnson sein, kann also den Übergang vorbereiten und ihn dann bei seiner Ankunft in Downing Street sofort in die Tat umsetzen. Das Vereinigte Königreich wird nicht seinen endgültigen Austritt aus der EU abwarten, um seine eigene Politik zu verfolgen. Es wird damit beginnen, sich aus den Sanktionen gegen Russland und Syrien auszuklinken.
Im Gegensatz zu dem, was die europäische Presse schreibt, ist die Londoner City vom Brexit nicht direkt betroffen. In Anbetracht ihres Sonderstatus als unabhängiger Staat unter der Autorität der Krone, war sie nie Teil der europäischen Union. Sicherlich wird sie nicht mehr die Geschäftssitze bestimmter Gesellschaften beherbergen können, die sich dann auf die Union verteilen werden, sie wird aber die Souveränität Londons benutzen können, um den Yuan-Markt zu entwickeln. Im April hat sie schon die nötigen Privilegien erhalten, indem sie einen Vertrag mit der chinesischen Zentralbank abgeschlossen hat. Ausserdem wird sie ihre Aktivitäten als Steuerparadies für die Europäer ausbauen.
Wenn der Brexit in der Erwartung neuer Regeln auch kurzfristig die britische Wirtschaft durcheinander bringt, so ist es wahrscheinlich, dass das Vereinigte Königreich – oder wenigstens England – sich schnell zu seinem grössten Vorteil reorganisieren wird. Bleibt nur noch offen, ob die Architekten dieses Erdbebens die Weisheit haben werden, ihr Volk daran teilhaben zu lassen: der Brexit ist zwar eine Rückkehr zur nationalen Souveränität, garantiert aber nicht die Volkssouveränität. Die internationale Landschaft kann sich sehr unterschiedlich entwickeln, je nach den Reaktionen, die jetzt kommen werden. Selbst wenn dies für bestimmte Völker schlecht ausgehen sollte, so ist es doch immer noch besser, sich der Wirklichkeit zu stellen, wie es die Briten machen, als einem Traum verhaftet zu bleiben, bis er zerschellt.

MEYSSAN-BREXIT+Geopolitik160629.pdf

Wie Eliten Macht organisieren. Bilderberg & Co, Lobbying, Think Tanks und Mediennetzwerke; Wernicke-Interview, NDS 30.05.2016

globalcrisis/globalchange NEWS
Martin Zeis, 31.05.2016

Hallo zusammen,

Das spannende, viele Elemente der Herrschaftsforschung der letzten Jahrzehnte in den Blick nehmende Interview von Jens Wernicke mit dem Soziologen Markus Klöckner ist „Pflichtlektüre“ (inklusive der filmischen Teile zur Medienkrititk, der Vorträge von Rainer Mausfeld oder des Interviews mit dem „Alpha“-Journalisten Stefan Cornelius und der inzwischen oft zitierten Forschungen/Beiträge des leider viel zu früh verstorbenen französischen Soziologen Pierre Bourdieu. (u.a. maßgeblicher Autor des Grundlagenwerks: Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft; dt. Ausgabe: Universitätsverlag Konstanz 1997, 848 S.; frz. Originalausgabe : La misère du monde, Editions du Seuil, 1993.)

„Nicht bemitleiden, nicht auslachen, nicht verabscheuen, sondern verstehen“: Diese Anweisung Spinozas sich zu eigen zu machen wäre für den Soziologen nutzlos, könnte er nicht auch die Mittel an die Hand geben, um sie zu befolgen. Wie aber lassen sich die Mittel des Verstehens, die es ermöglichen, die Menschen so zu nehmen wie sie sind, anders weitergeben als dadurch, dass er die Instrumente anbietet, die notwendig sind, um sie als notwendige zu erfassen, um sie notwendig zu machen, indem er sie methodisch auf die Ursachen und Gründe zurückführt, derentwegen sie sind, was sie sind?“ (Pierre Bourdieu: An den Leser, a.a.O. S. 13)

Der deutsche Soziologe, der frühzeitig die Forschungen der „Power Structure Research“ – zurückgehend auf den Soziologen Charles Wright Mills – hierzulande versuchte publik und fruchtbar zu machen, ist Hans Jürgen Krysmanski. Er lehrte bis 2001 an der Universität Münster.

In seinem letzten Buch „0,1% – Das Imperium der Milliardäre“, das „Teil eines offenen Projekts (ist), keine abgeschlossene Analyse oder gar ein fertiges Theoriestück. Es soll anregen, sich weiter mit diesem Thema zu beschäftigen – auch im Internet“ / S.9) entwickelt Krysmanski u.a. „das Schema einer ‚Ringburg’, () das meine Überlegungen zu einem Imperium der Milliardäre wesentlich bestimmt hat. Dieses Modell versucht die Wege anzudeuten, die von den 99 Prozent zu den 0,1 Prozent und den 0,01 Prozent führen, von denen dieses Buch handelt. Die konzentrischen Ringe verweisen auf den Zusammenhang, der für das Funktionieren des gegenwärtigen Kapitalismus existentiellen Eliten: der superreichen Geldelite einerseits, der verschiedenen Funktionseliten andererseits. Die mit dem Namen Ringburg verbundenen feudalistischen Konnotationen sind nicht unbeabsichtigt. Im übrigen hat dieses Ringmodell der Eliten inzwischen sogar eine ‚Protest Rock Opera’ angeregt“ / S. 37, 40, 63, 103) – zit.a. H.J. Krysmanski: 0,1% – Das Imperium der Milliardäre; Westend-Verlag 2012, 287 S.

Viel Spaß bei den Lektüren,
Martin Zeis

NDS, 30.05.2016 – http://www.nachdenkseiten.de/?p=33580

Wie Eliten Macht organisieren. Bilderberg & Co, Lobbying, Think Tanks und Mediennetzwerke

„Die Eliten im Lande diskutieren bereits seit Jahren über Sinn und Unsinn, die Vor- und Nachteile der Demokratie. Die Fesseln der Demokratie werden ihnen zuneh-mend lästig. Wer aber sind diese „Eliten“? Wie organisieren und exekutieren sie ihre Macht? Und wie erreichen sie es, dass es so wenig Gegenwehr gegen immer weite-ren Sozialabbau, Entsolidarisierung und Entdemokratisierung gibt?“ (zit.a. Vorwort von Jens Berger)

Jens Wernicke im Gespräch mit dem Autor Markus Klöckner

Herr Klöckner, wir verdanken Ihnen nicht nur wunderbare Telepolis-Artikel zum Vertrauensverlust in die Medien und den Gründen hierfür; gerade erschien auch noch das Buch „Wie Eliten Macht organisieren: Bilderberg & Co.: Lobby-ing, Think Tanks und Mediennetzwerke“, dessen Mitherausgeber Sie sind. Warum dieses Buch? Was treibt Sie an?

Da gibt es mehrere Gründe. Der Aufhänger für das Buch ist, dass es in diesem Jahr genau 60 Jahre her ist, seitdem die Soziologie mit der Theorie der Machtelite berei-chert wurde. Es war nämlich im Jahr 1956, als der Soziologe Charles Wright Mills ein Buch mit dem bezeichnenden Titel „The Power Elite“, das in Deutschland zu Beginn der 60er Jahre unter dem Titel „Die amerikanische Machtelite“ veröffentlicht wurde, herausbrachte.
In dem Buch hat Mills etwas getan, was ein guter Soziologe geradezu tun muss und was leider ziemlich selten geworden ist: Er hat ganz grundlegende „Wahrheiten“ kri-tisch hinterfragt und ist nicht davor zurückgeschreckt, Antworten zu geben, die fest an dem politischen Wirklichkeitsverständnis von so manchem Zeitgenossen gerüttelt haben.
Sein besonderes Interesse galt dabei der Frage, ob die demokratischen Strukturen in den USA auch tatsächlich in der Praxis, also faktisch funktionieren, oder ob es nicht vielmehr so ist, dass es zwar eine demokratische Oberfläche gibt, sich hinter dieser aber längst Netzwerke gebildet haben, denen es gelingt, den demokratischen Ge-danken immer weiter zu unterlaufen.
Das Ergebnis von Mills‘ Forschung war die bereits erwähnte Machtelitentheorie. Demnach geht Mills davon aus, dass es Akteure gibt, die unterschiedlichen politi-schen, wirtschaftlichen und militärischen Gruppen angehören und zusammen ein komplexes Gebilde formen.

Mills erkannte: Diese Akteure, die aufgrund ihres Status und ihrer Vernetzung eine Machtelite bilden, sind in der Lage, Entscheidungen zu treffen, die sich mindestens auf nationaler Ebene bewegen. Anders gesagt: Der Soziologe hat herausgearbeitet, dass es in der amerikanischen Gesellschaft Akteure gibt, die sich quasi von den „nor-malen“ Reichen und Mächtigen noch weiter abgesetzt haben und über eine enorme Struktursetzungsmacht verfügen.
Da die Machtstrukturforschung insbesondere innerhalb der Soziologie in Deutsch-land eher am Rande vegetiert, haben wir uns entschlossen, dieses Buch herauszu-geben: Eine kritische Machtstrukturforschung ist für eine Demokratie sehr wichtig, da sie in der Lage ist, Bruchstellen im demokratischen Gefüge aufzuzeigen und die Ur-sachen für diese zu benennen. Wenn Sie so wollen, ist der Antrieb für das Buch also ein sehr demokratischer.

Was verstehen Sie denn unter „Eliten“ und warum ist ein Blick auf diese und ihre Macht wichtig in einer parlamentarischen Demokratie? (…)

Wernicke_KLÖCKNER-Interview_Wie-Eliten-Macht-organisieren160530.pdf