Nachrüstung 2.0 im Handstreich – oder: Eine neue Friedensbewegung, jetzt oder nie!


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Nachrüstung 2.0 im Handstreich – oder: Eine neue Friedensbewegung, jetzt oder nie! – GlobalBridge

Leo Ensel

14.07.2024

11–13 Minuten


Ein Tomahawk-Marschflugkörper wird von einem Kriegsschiff der amerikanischen Marine abgeschossen. Ab 2026 soll die Waffe auch in Deutschland stationiert sein.

14. Juli 2024 in Allgemein, Geschichte, Medienkritik, Militär, Politik

Die von Kanzler Scholz auf dem NATO-Jubiläumsgipfel in Washington völlig überraschend angekündigte Stationierung von Marschflugkörpern und Hyperschallraketen mittlerer Reichweite in Deutschland ist nichts anderes als eine „Nachrüstung 2.0“ im Handstreichverfahren. Wenn jetzt keine kraftvolle neue Friedensbewegung Sand ins Getriebe streut, wächst die Gefahr russischer Präventivschläge ins Unermessliche.

Man halte für einen Moment den Atem an, setze sich für drei, vier Minuten hin und mache sich klar, was letzte Woche eigentlich genau passiert ist. Denn es ist so ungeheuerlich, dass es einem die Sprache verschlägt:

Unser Bundeskanzler, der einen Eid abgelegt hat, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, verkündete vergangenen Mittwoch im Handstreich von der Hauptstadt des Großen Bruders aus, man habe beschlossen, unser Land und dessen gesamte Bevölkerung – mehr als 84 Millionen Menschen – in Geiselhaft zu nehmen, sprich: sie im Krisen- und erst recht im Kriegsfalle zur Zielscheibe gegnerischer Präventiv- oder Vergeltungsschläge zu verwandeln! (Und dies verkaufte er uns auch noch fröhlich als „Erhöhung der Sicherheit im besten Sinne“.)

Nachrüstung 2.0

Nichts Anderes bedeutet die völlig überraschende Ankündigung, die USA würden ab 2026 – selbstverständlich nur zur Abschreckung und um eine durch Russland verursachte „Sicherheitslücke“ zu schließen – wieder, wie weiland im Herbst 1983, Tomahawk-Cruise-Missiles einer Reichweite bis zu 2.500 Kilometern, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und noch in der Entwicklung begriffene, von gegnerischen Abwehrsystemen praktisch nicht mehr zu eliminierende Dark-Eagle-Hyperschallraketen einer Reichweite von etwa 2.750 Kilometern in Deutschland (vermutlich in Wiesbadenstationieren. Waffensysteme, mit denen von deutschem Boden aus Moskau, St. Petersburg und andere Städte im Westen Russlands attackiert sowie gegnerische Kommandostellen, Bunker und Radaranlagen pulverisiert werden können. Außerdem würden ab jetzt Deutschland, Frankreich, Italien und Polen gemeinsam eigene bodengestützte Marschflugkörper oder auch eine ballistische Rakete entwickeln, die bei einer Reichweite von circa 2.000 Kilometern Ziele in Russland erreichen können. Damit wird Deutschland selbst zur Zielscheibe, denn nach wie vor gilt der brandgefährliche Selbstzündungsmechanismus: „Rampen für Raketen sind Untergangsmagneten!“

Noch vor weniger als fünf Jahren, wären diese Maßnahmen laut dem 1987 von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan unterzeichneten (und im Februar 2019 von Donald Trump gekündigten) INF-Vertrag, der uns über 30 Jahre lang vor einem Atomkrieg in Europa bewahrt hatte, verboten gewesen. Die Antwort aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten. Drei Tage später kündigte Kremlsprecher Dmitrij Peskow entsprechende Gegenmaßnahmen an und sagte wörtlich: „Wir haben die Kapazitäten, diese Raketen in Schach zu halten, aber die potenziellen Opfer sind die Hauptstädte dieser europäischen Länder.“ – Man sollte diese Äußerung bitterernst nehmen!

Die Überrumpelung eines ganzen Landes durch dessen gewählten Regierungschef plus Kriegstüchtigkeitsminister ist atemberaubend und präzedenzlos. Entscheidungen solcher Größenordnung können unmöglich mal schnell während eines Jubiläumsgipfels im Hinterzimmer getroffen worden sein. Sie wurden offenbar, wie der Kanzler denn auch einräumte, in aller Stille langfristig vorbereitet. Und in der Tat: Der Investigativjournalist Dirk Pohlmann hatte noch eine Woche vor dem russischen Überfall auf die Ukraine, am 15. Februar 2022, schon entsprechende US-Pläne veröffentlicht! (…)

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