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- Interview: Raul Zelik Lesedauer: 8 Min.
10.05.2024
»Die Palästinenser brauchen jetzt unsere Solidarität«
Der israelische Menschenrechtsaktivist Guy Shalev fordert mehr politischen Druck auf die Regierung Netanjahu
Die israelische Polizei geht gegen Friedensaktivist*innen vor, die ein Waffenstillstandsabkommen fordern.
Foto: IMAGO / Eyal Warshavsky
Im Oktober haben Sie in Interviews davon berichtet, dass in Ihrem Freundeskreis praktisch jeder Bekannte durch den Hamas-Angriff verloren hat. Was bedeutete das für Sie? Hat der Terroranschlag das Trauma aufgerufen, als Jüd*innen ausgelöscht werden zu können?
Der Angriff im Oktober war sehr schmerzvoll und hat viele politische Perspektiven zerstört. Zweifelsohne hat er auch das Gefühl vieler Israelis erschüttert, von der Regierung beschützt zu werden. Aber die Angst, dass jetzt die Jüd*innen ausgelöscht werden sollen, war meiner Ansicht nach nicht sehr verbreitet. Meine größte Furcht war schon damals, welche Folgen der Angriff für die israelische Gesellschaft haben würde. Wenn ich ehrlich bin, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es so schlimm kommen würde. Ich dachte, die internationale Gemeinschaft würde Israel sehr viel früher stoppen. Wir sind extrem enttäuscht, dass der Krieg der israelischen Regierung auf keinerlei Widerstand der westlichen Staaten gestoßen ist.
Welche Folgen meinen Sie? Den Rechtsruck der israelischen Gesellschaft?
Selbst wenn es jetzt noch zu einem Waffenstillstand käme, wüsste ich nicht, wie es weitergehen soll. Die israelische Armee und die Regierung haben fürchterliche Verbrechen begangen, und die große Mehrzahl der jüdischen Israelis haben diese Vergehen unterstützt … Ich weiß nicht, wie ich weiter mit Menschen zusammenleben soll, die derartige Gewalttaten gerechtfertigt haben. Vor uns tut sich ein moralischer Abgrund auf. (…)
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