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Die Ukraine nicht bewaffnen.
Von JOHN J. MEARSHEIMER ,The New York Times, FEB. 8, 2015
6-7 Minuten
Quelle: https://pwlasowa.blogspot.com/2015/02/dont-arm-ukraine-by-john-j-mearsheimer.html
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Soldaten der ukrainischen Armee bei einer Waffenübung in der Westukraine letzte Woche. CreditPavlo Palamarchuk/Associated Press
Die Ukraine-Krise ist fast ein Jahr alt, und Russland ist auf der Siegerstraße. Die Separatisten in der Ostukraine sind auf dem Vormarsch, und Russlands Präsident Wladimir W. Putin zeigt keine Anzeichen, angesichts der westlichen Wirtschaftssanktionen nachzugeben.
Es überrascht daher nicht, dass in den Vereinigten Staaten immer mehr Stimmen laut werden, die eine Bewaffnung der Ukraine fordern. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht dreier führender amerikanischer Denkfabriken befürwortet die Lieferung moderner Waffen an Kiew, und der vom Weißen Haus für das Amt des Verteidigungsministers nominierte Ashton B. Carter sagte letzte Woche vor dem Streitkräfteausschuss des Senats: „Ich tendiere sehr in diese Richtung.“
Damit liegen sie falsch. Es wäre ein großer Fehler für die Vereinigten Staaten, die NATO und die Ukraine selbst, diesen Weg einzuschlagen. Die Lieferung von Waffen an die Ukraine wird die ukrainische Armee nicht retten, sondern zu einer Eskalation der Kämpfe führen. Ein solcher Schritt ist besonders gefährlich, weil Russland über Tausende von Atomwaffen verfügt und ein lebenswichtiges strategisches Interesse zu verteidigen versucht.
Es steht außer Frage, dass das ukrainische Militär den Separatisten, die russische Truppen und Waffen auf ihrer Seite haben, zahlenmäßig weit unterlegen ist. Da das Kräfteverhältnis eindeutig zugunsten Moskaus ausfällt, müsste Washington große Mengen an Ausrüstung schicken, damit die ukrainische Armee eine Chance hat.
Doch damit wäre der Konflikt nicht zu Ende. Russland würde eine Gegeneskalation herbeiführen, die Kiew jeden vorübergehenden Nutzen aus den amerikanischen Waffen nehmen würde. Die Autoren der Think-Tank-Studie räumen dies ein und stellen fest, dass „die ukrainische Armee selbst mit enormer Unterstützung aus dem Westen nicht in der Lage sein wird, einen entschlossenen Angriff des russischen Militärs abzuwehren“. Kurz gesagt, die Vereinigten Staaten können ein Wettrüsten mit Russland um die Ukraine nicht gewinnen und damit Russlands Niederlage auf dem Schlachtfeld sicherstellen.
Die Befürworter einer Aufrüstung der Ukraine haben noch eine zweite Argumentationslinie. Der Schlüssel zum Erfolg, so behaupten sie, liegt nicht darin, Russland militärisch zu besiegen, sondern die Kosten des Kampfes so hoch zu treiben, dass Putin nachgibt. Der Schmerz wird Moskau angeblich dazu zwingen, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen und dem Land zu erlauben, der Europäischen Union und der NATO beizutreten und ein Verbündeter des Westens zu werden.
Es ist unwahrscheinlich, dass diese Zwangsstrategie funktioniert, ganz gleich, wie viel Strafe der Westen verhängt. Was die Befürworter einer Aufrüstung der Ukraine nicht verstehen, ist, dass die russische Führung der Meinung ist, dass die strategischen Kerninteressen ihres Landes in der Ukraine auf dem Spiel stehen; es ist unwahrscheinlich, dass sie nachgeben wird, selbst wenn sie dafür enorme Kosten in Kauf nehmen muss. (…)
Hervorhebungen St. Best